Vom 05.07.2007
Auf der einen Seite auch klanglich ein
beeindruckendes Kulturereignis kreieren - auf der anderen Seite aber die Nerven der Nachbarn schonen. Das ist die schwierige
Aufgabe der Ton-Techniker bei den Festspielen - die mit Schallwänden und Spezial-Boxen gelöst werden soll.
Von
Sonja Probst
Auf den Empfänger-Boxen in der Ton-Kabine
blinkt es wie wild. "Hagen , Gernot, Kriemhild" ist auf den übereinander liegenden Leuchtfeldern im Wechsel zu lesen, um zu
markieren, an welchem Gerät bei den Aufführungen die Stimme welches Schauspielers ankommt. "Das wird über Antennentechnik
hierher übertragen", gewährt Ton-Techniker Christian Ruppel einen Einblick in das Klang-Reich der Festspiele. Die entsprechenden
Frequenzen für die 32 Drahtlos-Mikrofone müssten hierfür sogar eigens bei der Bundesnetzagentur beantragt und genehmigt werden,
führt er fort. Aber auch sonst ist vor dem Dom an vielen Stellen aufwändige Technik eingesetzt, um den Zuschauern bei der
Wedel-Inszenierung ab dem 20. Juli ein möglichst beeindruckendes Theater-Ereignis zu bieten - und gleichzeitig die umliegenden
Nachbarn zu schonen.
"Wir nehmen die Nachbarn sehr ernst und
versuchen sie so gut wie möglich zu schützen", stellt auch Ton-Meister Jörg Grünsfeld klar. Lärmschutz sei schließlich eines
der großen Themen geworden - und zwar nicht nur bei den Nibelungen-Festspielen, sondern beispielsweise auch bei Großveranstaltungen
wie Rock am Ring, wo Grünsfeld dieses Jahr für den Sound von "Linkin Park" oder den "Ärzten" verantwortlich war.
Eine Vorrichtung, von der sich Grünsfeld
in diesem Jahr einiges verspricht, ist dabei die schwarze Ummantelung der oberen Ränge, die möglichst viel Lärm von den umliegenden
Wohnhäusern abhalten soll. 70 dbA (Dezibel) seien es höchstens, die bei den Nachbarn ankommen dürften, meint er. Ob dies auch
eingehalten wird, wird dieses Jahr eigens mit einem Messwagen überprüft.
Aber auch bei den Aufführungen selbst würde
man von den Schall-Wänden profitieren. Durch sie habe man nämlich diesmal auch den Straßenlärm besser im Griff, der die Zuschauer
vor allem in den oberen Rängen sonst von hinten her erreichen würde. "Das ist ein Schutz in beide Richtungen", macht Grünsfeld
klar.
Überhaupt sei es die große Kunst, die Stärke
des Tons genau auszutarieren. Lange hat Tontechniker Christian Ruppel, der vor
allem für Material und Personal verantwortlich ist, daher etwa nach dem richtigen Lautsprechersystem für die Open Air-Aufführungen
gesucht. Das Problem sei nämlich an der Bühne vor dem Dom, dass die Lautsprecher-Boxen hinter den Schauspielern hängen würden,
sodass man erstens aufpassen müsse, dass es keine Rückkopplung gebe und zweitens, dass auch die letzten Zuschauer in 55 Metern
Entfernung noch genauso gut hören wie die in der ersten Reihe. Schließlich habe er ein System gefunden, das dies leisten könne
- "das wird alles sehr aufwändig am Computer errechnet und simuliert", sagt Ruppel. Inzwischen sei alles genau so eingestellt,
dass der optimale Sound in der obersten Reihe der Festspiel-Tribüne exakt auf Ohrenhöhe aufhöre und schon einen halben Meter
höher die Ton-Höhen sehr viel geringer seien.
Aber auch das Mischpult selbst einzurichten,
braucht zwei Monate Zeit. "Die Produktion hier ist so aufwändig, dass man sie eigentlich nicht mehr per Hand fahren kann",
sagt Ton-Meister Grünsfeld. Zahlreiche Einstellungen habe er sich daher als Abspeicherungen im Misch-Pult hinterlegt. Insgesamt
305 Einstellungen seien es dieses Jahr, die er bisher gespeichert habe.
Generell sei der Ton für "Die letzten Tage
von Burgund" sehr aufwändig gestaltet. Eine ganz eigene Atmosphäre hat Grünsfeld zum Beispiel als Sounddesign für den zweiten
Teil des Stücks, der im Hunnenland spielt, gestaltet. "Wir wollen die Länder akustisch erfinden" sagt er. "Es gibt ein eigenes
Soundbett, wie man es auch aus Filmen kennt." Und so könne man etwa am Violinenklang, der Etzel zugeordnet sei, erkennen,
dass dieser gerade wieder die Hände im Spiel habe, selbst wenn er in der Szene gar nicht auf der Bühne erscheine. "Das ist
die einzige wirkliche Theaterproduktion", sagt Grünsfeld, "die sehr stark mit diesen filmischen Themen arbeitet".
Und das ist nicht das Einzige, was in der
Ton-Welt der Festspiele an Kino erinnert: Mit der 5.1-Anlage vor dem Dom könne man die Zuschauer nämlich im Dolby-Surround-Verfahren
beschallen. "Was wir hier machen, ist eigentlich Live-Kino", meint Grünsfeld stolz .